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Mehr Sicherheit trotz Pflegemangel

Internationales Forschungsteam entwickelt Kursangebot und Lernplattform zur Unterstützung von Pflegemanager*innen im Umgang mit den Auswirkungen des Pflegemangels.

Mit der Entwicklung eines Kursprogramms und einer Lernplattform zur Förderung der Kompetenzen von Pflegemanager*innen im Umgang mit den Folgen des Pflegemangels hat das Team des Forschungsprojekts NM4Safety einen wichtigen Meilenstein erreicht. Die Abkürzung NM4SAFETY steht für Nurse Management for Patient Safety (Pflegemanagement für Patientensicherheit). In Kooperation mit Kolleg*innen aus Italien, der Schweiz und Zypern verfolgen die Forscherinnen der KH Mainz das Ziel, mit Hilfe des Lernangebotes Kompetenzen im Umgang mit dem Pflegemangel zu fördern und somit zur Stärkung der Patientensicherheit beizutragen.

„Pflegemangel führt zu Rationierung in der Pflege. Das bedeutet, dass Patientinnen und Patienten nicht die pflegerische Leistung bekommen, die sie bekommen sollten. Zum Beispiel aufgrund von Zeitmangel oder einer schwierigen Personalsituation“, erläutert Dr. Renate Stemmer, Professorin für Pflegewissenschaft und Pflegemanagement an der KH Mainz und Projektleiterin für Deutschland. „Die Frage ist, welche Möglichkeiten im Pflegemanagement – neben Aspekten der Rekrutierung und Finanzierung - bestehen, um auf diese Situation bestmöglich zu reagieren und die Sicherheit in der Pflege zu gewährleisten. Das Kursangebot zielt darauf, Kompetenzen und Ideen zu vermitteln, die die verantwortlichen Stations-, Abteilungs- oder Einrichtungsleitungen im Krankenhaus sowie in der stationären und ambulanten Pflege im Umgang mit dem Phänomen des Pflegemangels unterstützen“, ergänzt Stemmer.

Innerhalb des Projektes richtet sich der Fokus insbesondere auf die Gestaltung von Strukturen und Prozessen und deren Wirkung auf die Gewährleistung der Patientensicherheit. „Hier spielt zum Beispiel das Thema Arbeitsumgebung eine wichtige Rolle. Wie kann es gelingen eine Kultur der Zusammenarbeit und des Vertrauens zu etablieren, interdisziplinäres Arbeiten zu fördern oder Kommunikation und Atmosphäre trotz Pflegemangel förderlich zu gestalten“, erklärt Christina Ströhm, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt tätig ist. In einem ersten Schritt wurden Forschungsergebnisse und Best-Practice-Beispiele in den verschiedenen Ländern identifiziert. Durch Interviews in sogenannten Fokusgruppen wurden zudem die Praxiserfahrungen von Pflegemanager*innen einbezogen und gesichert. Frank Müller, Pflegedirektor des Landeskrankenhauses (AöR) und Interviewteilnehmer, betont: „Ein zielführender Einsatz von Pflegepersonal muss sich am Pflegebedarf orientieren. Hierfür neue und gleichwohl erprobte Instrumente kennenzulernen, eröffnet angesichts restriktiver Rahmenbedingungen neue Perspektiven. Eine förderliche Arbeitsumgebung trägt dazu bei, auch angesichts großer Herausforderungen die Zufriedenheit des Pflegepersonals zu erhöhen. Dies erachte ich als wichtige Aufgabe des Pflegemanagements.“

Auf der gewonnenen Datenbasis erfolgte die Konzeption des Lernangebotes, das nun in einer Pilotphase erprobt wird. Die Teilnehmenden der Erprobungsphase haben bereits klare Erwartungen an das neue Kursprogramm. „Das deutsche Gesundheitswesen benötigt mehr Pflegefachkräfte. Gleichzeitig haben wir einen leer gefegten Arbeitsmarkt und eine Vielzahl von Aufgaben die bewältigt werden müssen. Daher ist es erforderlich, die Übersicht in der Personaleinsatzplanung zu behalten. Ich erwarte von einem entsprechenden Schulungsangebot neue Bewältigungsstrategien zu erlernen, die mir helfen, innerhalb der vorhandenen Arbeitszeit rechtssicher zu handeln“, schildert Patrick Weiß, Pflegedienstleiter im Haus Jona, Obertshausen. „Ich finde die thematische Auseinandersetzung und Schaffung eines solchen EU-weiten Projektes hervorragend. Ich wünsche und erhoffe mir, dass die Lernplattform auf relativ schnelle und einfach anzuwendende Art und Weise Handwerkszeug und Instrumente mit auf den Weg gibt, um trotz stetiger Rationierung in der Pflege weiterhin auf hohem Qualitätsniveau die Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner und deren Sicherheit zu gewährleisten. Zudem wünsche ich mir viel Input innerhalb der Schulungen anhand von Best-Practice-Beispielen. Dies insbesondere auch zu dem Thema Personaleinsatz unter erschwerten Bedingungen,“ betont Thomas Seif, der als Einrichtungsleiter im Altenpflegeheim an der Fasanerie, Groß-Gerau tätig ist.

Im Anschluss an die Erprobungsphase, die bis Februar 2022 abgeschlossen sein soll, folgen die Bewertung und Evaluation der Lernangebote sowie die Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs, der Pflegemanager*innen in ihren Entscheidungen unterstützen soll. Mit Abschluss des Gesamtprojektes im Herbst 2022 soll die Lernplattform als freies Angebot im Internet zur Verfügung stehen.

Weiterführende Links:

⇒ Website NM4SAFETY
⇒ COST-Aktion RANCARE

COST – Aktion RANCARE

Das Projekt NM4SAFETY ist in die COST-Aktion RANCARE eingebunden. Das Akronym COST steht für European Cooperation in Science and Technology. COST ist eine zwischenstaatliche Organisation und wird vom EU-Rahmenprogramm Horizon 2020 gefördert. Die COST Aktion „RANCARE: Rationing – Missed Nursing Care: An international and multidimensional problem” wurde von Zypern eingebracht. Insgesamt 28 europäische Länder nehmen daran teil. Für Deutschland hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Prof. Dr. Renate Stemmer (KH Mainz) und Prof. Dr. Monika Haberman (Hochschule Bremen) als Vertretung berufen.